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Mit Papa Boote bauen

Mit Papa etwas zu bauen ist immer ein großes Highlight. Endlich werden richtige Maschinen, Schrauben und Werkzeuge hervorgeholt, die allesamt große Faszination bei meinen Mädchen auslösen. Wie sehr lieben sie die Aussage des Papas: "Kommt wir bauen zusammen das Regal auf." Dann sitzen sie mit Schraubendrehern und Schräubchen hoch konzentriert vor dem zu reparierenden oder aufzubauenden Objekt und sind ganz vertieft in ihre Arbeit. Ob es nun das Hochbeet, der Schrank oder das Wandregal ist, immer stehen die Beiden an erster Stelle und wollen helfen. Nichts ist spannender als Menschen bei richtiger Arbeit zuzusehen und wenn man dann auch noch selbst mit Hand anlegen darf, ist es der schönste Tag den man sich nur vorstellen kann.



Maria Luisa Nüesch, Autorin des Buches "Spiel aus der Tiefe" und Initiatorin der Institution Spielraum- Lebensraum in der Schweiz schreibt in ihrem Buch: "Wenn die Kinder Gelegenheit haben, durchschaubare, "sinnvolle" Arbeiten im Spiel nachzuahmen und ihr großer Arbeitseifer nicht dauernd durch die Erwachsenen unterbrochen wird, bleib er erhalten. Das ist die Grundlage der späteren Konzentrationskraft, des "Dranbleiben- könnens"."



Das bedeutet natürlich auch, dass Kinder helfen möchten und eine Aufgabe übernehmen wollen. Manchmal ist das ganz schön schwierig, da nicht alles für Kinderhände geeignet ist. Dennoch löst sich das Problem häufig, wenn man sich gedanklich darauf einstellt. Manchmal können die Kinder kleine Schräubchen in Becherchen sortieren, solange man selbst mit schwerem Gerät arbeiten muss, um sie im weiteren Schritt beim Schleifen oder Schrauben wieder mit einzubinden. Im Umgang mit echten Werkzeugen lernen Kinder Feinmotorik und Geschicklichkeit. Es ist nämlich gar nicht so einfach eine Schraube mit dem Schraubendreher festzudrehen. Aber nur durch Übung wird man geschickter.

In dem Kinderbuch "Irma hat zu große Füße" von Ingrid und Dieter Schubert hat meine Tochter vor ein paar Tagen ein Bild entdeckt, auf dem kleine Holzboote in einem Waschbecken zu sehen sind. Seitdem ist sie fasziniert von der Idee auch für ihr Badeerlebnis solche Boote besitzen zu müssen. Die wirkten so simpel, dass wir kurzerhand den Papa angestupst haben, doch gemeinsam mit ihr ein Boot zu bauen.


Ein bisschen Holz findet sich im Schuppen immer und der Rest obliegt der Fantasie der Beiden. Gemeinsam überlegen sie wie das Boot aussehen soll und was es benötigt, um über die Wasser zu fahren.


Für Kinder ist der Umgang mit verschieden Materialien ein unglaubliches Sinneserlebnis. Es ist schon beeindruckend, wie aus einem Klotz Holz nach und nach ein Schiffchen entsteht, was dann auch noch auf dem Wasser fahren kann.

Gerade das Abschleifen des Holzes macht meiner großen Tochter großen Spaß auch wenn die Konzentration natürlich nicht bis zum letzten Schliff aushält.

Jetzt fehlt nur noch ein Mast, der das spätere Segel beherbergen wird.



Eingeklebt wird der Mast, damit er auch Wind und Wetter trotzt und in Mamas Arbeitszimmer findet man immer auch ein bisschen laminierte Überreste aus ihrem Schulalltag. Die sind natürlich bestens als Segel geeignet.


Manchmal beobachten Kinder einen Prozess einfach nur ganz aufmerksam und wollen verstehen, wie die Dinge funktionieren. "Das "Nur"- Zuschauen ist übrigens eine höchst aktive Tätigkeit des Kindes. Wenn es die im Spiel nachahmt,[ ...], wirst du sehen, dass es jede Bewegung aufs Innigste nachempfunden hat." (Vgl. Maria Luisa Nüesch, Spiel aus der Tiefe, S.36)

Die Prozesse der echten, nachvollziehbaren Arbeit sind für Kinder in höchstem Maße spielanregend. Ganz häufig suchen sie sich nach Tagen oder Wochen verschiedene Materialien und ahmen unsere Handlungen nach.

In der Schweiz gibt es immer mehr Kindergärten, die in regelmäßigen Abständen Handwerker in ihre Einrichtungen einladen, um dort ihre Arbeiten fortzusetzten. Dabei beschreibt Maria Luisa Nüesch, dass gerade in solchen Einrichtungen eine ganz anregende, Athmosphäre herrscht und Kinder sehr viel schneller in ihr Spiel oder die Beobachtungsrolle vertieft sind als sonst.

Ein spannendes Phänomen, was ich beim Herstellen der Boote auch bei meinen Mädchen beobachten kann. Sie sind über lange Zeit in dieser Arbeit vertieft und auch nach der Fertigstellung des ersten Bootes schwer damit beschäftigt es in einer Wanne hin und herzubewegen. Dabei probieren sie verschiedene Möglichkeiten aus, um es in die richtige Fahrt zu bekommen.


Der Entstehungsprozess beherbergt auch für mich als Beobachter immer wieder faszinierende Momente. Während ich der Meinung war, dass dieses Schiffchen in Null Komma Nichts entsteht und man kaum einen Gedanken in die Art der Herstellung verschwenden muss, nahm sich mein Mann Zeit genau zu überlegen, welche aerodynamische Form ein Boot benötigt, um schnell über das Wasser zu gleiten. Das sind manchmal die Augenblicke, in denen ich merke, wie wichtig es ist, dass Kinder mit beiden Elternteilen intensive Zeit verbringen. Denn manchmal bringt mein Mann ihnen intuitiv Dinge bei, an die ich gar keine Gedanken verschwende und umgekehrt.



Literatur: 
Maria Luisa Nüesch, Spiel aus der Tiefe, K2 Verlag, Schaffenhausen, 2012

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