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Wertschätzung und Vorurteile

Habt ihr euch schon einmal bewusst dabei ertappt, wie ihr das Verhalten anderer Eltern und Kinder beim Beobachten beurteilt? Besonders im engen Freundes- und Familienkreis oder auf den heimischen Spielplätzen arbeitet unser Gehirn blitzschnell und sortiert jede Beobachtung in Kategorien ein.



Dabei gelingt es kaum, wertfrei gegenüber anderen Menschen aufzutreten. Vieles hängt mit unseren eigenen Erfahrungungsschatz, unserer Wertevorstellung und Gesinnung zusammen.

Eigentlich ist es völlig normal, dass wir Dinge und Menschen versuchen einzuordnen. Das ist wichtig für uns, um schnelle Entscheidungen über Gefahren zu treffen. Dennoch ist es auch augenscheinlich, dass wir in unserer heutigen Zeit in allen Dingen beurteilt werden. Besonders im Bereich der Kindererziehung ist es manchmal gar nicht so leicht ein gesundes Selbstvertrauen aufzubauen.



Immer wieder kommt man mit anderen Eltern in ein Gespräch in dem sich plötzlich die Frage stellt: "Was dein Kind kann mit drei Jahren noch nicht bis 10 zählen?" oder "Mit 18 Monaten hat mein Kind schon vollständige Sätze formuliert." Und auch wenn man ganz gelassen bleibt und daran denkt, dass jedes Kind sich individuell entwickelt, beginnt manchmal ganz tief drinnen, das nagende Gefühl etwas in der Entwicklung übersehen zu haben oder falsch gemacht zu haben.

Nicht selten ist die heutige Erziehung gerade auch bei der Großelterngeneration ein großes Thema und wird gerne hinterfragt. An vielen Stellen hat sich die Welt komplett verändert. Wir sehen manche Dinge anders und erziehen auch anders. Gerade das Infragestellen des "Altbewährten" stößt häufig auf Kritik. Manche Großeltern versuchen die Eltern durch Tricks zu überlisten und den Kindern doch heimlich Süßigkeiten zu zustecken oder mischen sich wortstark in jede erdenkliche Erziehungsmaßnahme ein.


Besonders an dieser Stelle werden wir Eltern empfindlich, denn es sorgt auch für ein Gefühl des ständigen Versagens. Gerade in der aufstrebenden Autonomiephase der Kinder, in denen das niedliche Kind zu einer willensstarken Persönlichkeit heranwachsen möchte und Konflikte nicht immer vermeidbar sind, werden Großeltern gerne aktiv und verurteilen das Verhalten der Eltern.

Dabei ist es gerade in schwierigen Zeiten und Situationen so wichtig, dass man den Eltern den Rücken stärkt. Ein freundliches und verständnisvolles Wort, ein "Nimms nicht so schwer, ihr macht das doch gut.", würde so vieles erleichtern. Vor allem aber würde es dazu führen, dass Eltern sich emotional nicht verschließen und stur ihren Weg gehen oder hin und hergerissen sind und alle Erziehungsmethoden über den Haufen werfen, um dann für ihre Kinder gar kein Geländer mehr zu bieten. Vielmehr könnte durch eine offene, herzliche Art und Zuwendung auch ein Austausch und echte Hilfen entstehen.



Der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti hat zum Thema ein sehr schönen Satz gesagt: "Die Fähigkeit, zu beobachten, ohne zu bewerten sei die höchste Form menschlicher Intelligenz."

Als ich dieses Zitat das erste Mal gelesen habe, war ich erstaunt über die Tragweite, die es zu haben scheint. Es kam mir so einfach vor. Doch schon beim nächsten Spielplatzbesuch versuchte ich wertfrei zu beobachten und es gelang mir kaum. Immer wieder ordnete mein Gehirn die Bilder in Kategorien.

Doch genau dieses strenge Beurteilen führt bei uns Eltern zu steter Verunsicherung und Unwohlsein. Jeder schildert nur noch die besonderen Begabungen seiner Kinder und verschließt sich neuer Perspektiven. Vielleicht können wir alle für den ein oder anderen Augenblick versuchen Beobachtungen wertfrei zu sehen und uns in ein bisschen mehr Toleranz gegenüber dem Erziehungsverhalten anderer Eltern üben. Denn eines ist sicher: Die meisten Eltern wollen für die Entwicklung und das Wohlbefinden ihrer Kinder nur das Beste.

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