„Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen- sie machen uns ja doch alles nach..." Karl Valentin
- Maren
- 6. Jan. 2021
- 3 Min. Lesezeit
Mit dem Handy unterm Kinn geklemmt, einen Stift in der einen und den Kalender in der anderen Hand, versuche ich noch schnell ein paar Termine zu fixieren, bevor ich das Essen kochen muss.
Kaum kehrt ein wenig Ruhe beim Kochen ein, sehe ich meine beiden Mädels ausgestattet mit Stiften, Zetteln und einen Baustein unter dem Kinn geklemmmt, geschäftig durch den Flur flitzen. Welch süßer Moment, denke ich im ersten Augenblick. Dann fällt mir auf, dass sie mich 1:1 nachahmen. Selbst meinen hektischer Gang und das schnelle Notieren der Termine ahmen die beiden ziemlich gekonnt nach. Eigentlich beeindruckend, was ihnen alles auffällt. Meine Körperhaltung wird ziehmlich gut immitiert. Wahrscheinlich könnte jeder Außenstehende, der mich ein bisschen kennt, sofort erkennen, wen die Beiden nachspielen. Manchmal erschrecke ich mich selbst, wenn ich so in den Spiegel, der mir vorgezeigt wird, schaue. Dann merkt man erstmal wie hektisch und schnell man manche Dinge den ganzen Tag tut. Und irgendwie muss immer alles nebenbei und parallel funktionieren. Da wundert es einen nicht, dass man am Abend fix und fertig in sein Bett sinkt, als hätte man einen Marathon gelaufen. Und so richtig wundere ich mich bei diesem Bild auch nicht mehr, dass meine Kinder ruhelos von einem Raum in den nächsten hetzten und alles nur ausräumen ohne in ein tieferes Spiel zu finden.

Kinder sind unheimlich gute Beobachter. Sie nehmen unsere Umwelt und die Menschen darin ziemlich intensiv war. Manchmal wirkt es, als stünden sie einfach nur da und schauen uns bei der Arbeit zu. Dabei beobachten sie sehr viele kleine Details, die sie zu einem späteren Zeitpunkt nachahmen.
Die Fähigkeit der Nachahmung ist ihnen in die Wiege gelegt, ja sogar angeboren.
Doch warum ist es so wichtig, dass Kinder uns Erwachsenen nachahmen?
Heilerzieherin und Kindheitspädagogin Susanne Vieser erklärt, dass Kinder über die Nachahmung alle grundlegenden Fähigkeiten ausbilden und sogar "Regeln und Gewohnheiten unseres zwischenmenschlichen Zusammenlebens" übernehmen. (vgl. Susanne Vieser, in: Erziehungskunst frühe Kindheit, Sommer 2020.)

Daran erkennt man, wie wichtig und stärkend eine gute Vorbildwirkung durch uns Erwachsenen für unsere Kinder ist. Das, was wir richtig vormachen, wird auch richtig erlernt. So kann man manchmal durch das einfach Vorleben einer Situation viel mehr erreichen, als durch verbale Anweisungen. Gerade die oft unschönen Szenerien beim Aufräumen der Kinderzimmer kann man vermeiden, indem man sich als Erwachsener in die Aufräumsituation begibt und einfach damit beginnt. Nach und nach gesellen sich die Kinder dazu und es entsteht eine fröhliche und entspannte Situation, die spielerisch zu einem schnellen Akt wird, ohne große Dramen.

Je älter Kinder werden desto konkreter wird die Nachahmung. So ahmen Kinder vor dem Eintritt in die Schule Erlebnisse aus ihrem Alltag intensiv im Spiel nach. Dabei wird das Sprechen, Gestik und Mimik oder Tätigkeiten in Rollenspielen verarbeitet.

"Die Nachahmungsfähigkeit des Kindes bildet somit die Grundlage des Lernens, des Erwerbs von Fertigkeiten und sozialen Eigenschaften. Je mehr wir Freude an unserer sinnvollen Tätigkeit erleben, umso mehr regen wir die kindliche Selbsttätigkeit an." (Vgl. ebenda)
Egal, was wir tun. Immer verfolgen uns die Kleinen mit ihren Blicken und ziehen daraus das Resumee, wie das Leben funktioniert.

Genauso, wie wir stärkend durch unsere Vorbildwirkung Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung unserer Kinder nehmen können, genauso können wir natürlich auch gegenteilig handeln. Daher ist ein bewusstes Wahrnehmen der eigenen Haltung und Außenwirkung für unsere Kinder von großer Bedeutung. Hierin liegt eine Kraft, die wir nicht unterschätzen sollten. Alleine durch unser eigenes Vorleben, können wir oft mehr erreichen, als mit vielen verbalen Erklärungen.
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