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Erziehen ohne Schimpfen? Geht das überhaupt?

Manche Eltern schaffen es in der Erziehung ihrer Kinder gänzlich ohne laut zu werden oder zu schimpfen. Wie geht das? In manchen Situationen frage ich mich, wie einem das gelingen mag. Vor allem mit dem Hintergrund, dass meine Kinder in geballter Ladung auch gerne gemeinsam die Grenzen austesten oder reihum sich in verschiedenste Situationen hineinsteigern, nach denen man völlig ausgelaugt ist und einfach mit einer kleinen Schimpftirade für Ruhe sorgen möchte. Vor ein paar Wochen bin ich auf das Buch "Erziehen ohne Schimpfen" von Nicola Schmidt gestoßen. Mein erster Gedanke vor dem Kauf des Buches war, dass Kinder nun wohl keine Grenzen mehr bekommen sollten. Dem ist aber gar nicht so. Kinder brauchen Klarheit und liebevolle Grenzen, das sieht auch die Autorin des Buches so.



Mein Fazit nach dem Lesen: Ein herrlich entspanntes Buch, was einmal den Druck von den Eltern nimmt zu versagen, wenn etwas nicht so läuft wie man es nach außen gerne sehen möchte. Vielmehr richtet Nicola Schmidt den Fokus auf die Auslöser der Konflikte zwischen Kind und Eltern. Und diese entstehen ihrer Meinung nach ganz häufig in stressigen Zeiten oder wenn wir mental sehr angespannt sind.


Es sind also nicht unsere Kinder, die schwierig sind, sondern wir?

Nachdem ich das Buch gelesen hatte, habe ich mir ein paar Tage die Zeit genommen mich und meine Reaktionen genauer zu beobachten. Tatsächlich neigte ich in stressigen Situationen schneller zum Schimpfen. Vor allem, wenn etwas nicht funktionierte aber einen gewissen Zeitdruck abverlangte.

Genau das beschreibt Nicola Schmidt von vielen Eltern. Wir wollen zu viel in zu kurzer Zeit, haben wenig Unterstützung und powern uns völlig aus. Eigentlich ist es klar, dass wir dann auch nicht immer in der Lage sind über jeden Konflikt, Wutanfall oder Geschreie der Kinder zu stehen. Vielmehr sehnen wir uns nach Pause oder Ruhe und fordern das mit Schimpfen ein.


Schimpfen hat jedoch keinen positiven Effekt. Weder in der Erziehung noch auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. Eigentlich wissen wir das alles. Wir spüren es ganz genau, wenn wir laut geworden sind. Ganz oft fühlt man sich schlecht danach und hat das Gefühl, dass man es ruhig besser hätte regeln können.


Nachdem ich einige Tage einfach nur beobachtet hatte, wann ich zum Schimpfen neigte, wurde mir auch die Hetzerei bewusst. Am meisten aber störte mich die Art und Weise, wie schnell man meckert und der Ton der Kinder sich untereinander verändert. Im Buch "Erziehen ohne Schimpfen" beschreibt Nicola Schmidt Eltern, die das Schimpfen gänzlich aus ihrer Erziehung gestrichen hatten. Für mich war es ein schöner Gedanke, einmal zu überdenken, welchen Ton man miteinander an den Tag legt, der sich so ganz unbewusst in den Alltag schleicht und durch all die Herausforderungen manchmal zum "Allheilmittel" wird.



Wenn der Auslöser unsere Hektik ist, muss zuerst daran etwas geändert werden.


Jeden Tag habe ich mir nun vorgenommen, eine Kleinigkeit im Alltag zu entspannen. Es musste gar nicht viel sein, aber es sollte mehr Erholungspausen geben und weniger geschimpft werden. Das klappte wie bei allen neuen Dingen mal mehr, mal weniger gut. Nicht selten durchkreuzen kranke Kinder, durchgemachte Nächte und stressige Herausforderungen jeglicher Art die perfekte Idee, aber ich griff es immer wieder auf.



Besonders hilfreich ist es für mich geworden, die Dinge die ich tue, bewusst zu tun. Wenn ich putze, widme ich mich bewusst dem Putzen. Ich bin nicht gedanklich schon wieder im Auto oder auf Arbeit. Wenn ich mit einem Kind spreche, bin ich gedanklich komplett bei ihm und versuche mich hineinzuversetzen.

Es ist nicht ganz einfach auf diese Weise wieder im Hier und Jetzt anzukommen, aber nach und nach beginnt sich eine gewisse innere Ruhe einzustellen. Man nimmt gefühlt viel intensiver am Leben teil, trifft bewusstere Entscheidungen und ist am Abend deutlich weniger ausgepowert.


Es lohnt sich auf jeden Fall für die ganze Familie bewusster hinzuschauen, was die Schimpftiraden auslösen. Denn sobald wir auch uns wieder selbst ein bisschen Pause einräumen und Zeit nehmen unseren Kindern richtig zu zuhören, gelingt es auch den Alltag liebevoller zu gestalten.


Wir haben sofort einen deutlichen Unterschied gespürt, nachdem wir bewusst versucht haben dem Schmipfen entgegenzuwirken. Trotzdem geht es nicht von einem auf den anderen Tag. Es braucht Zeit neue Gewohnheiten zu etablieren und Zeit Alternativen zu erarbeiten. Denn nur hinschauen, entstressen und bewusst im Alltag sein, hält Kinder nicht von Streitereien und Grenzen austesten ab. Kinder können in den ersten Jahren ihre Emotionen noch nicht in Worte fassen und uns mitteilen, was sie bewegt bzw. ihre Reaktionen kontrollieren wie wir Erwachsenen. Daher brauchen sie immer wieder Hilfestellungen und wir Eltern ein paar Handwerkzeuge, um liebevoll reagieren zu können.


Im kommenden Beitrage zeige ich euch ein paar Ideen, die den Alltag entspannen und Alternativen für die schwierigen Situationen. Falls ihr Lust habt, beobachtet doch einmal bei euch, in welchen Situationen ihr zum Schimpfen neigt und vor allem zu welchen Zeiten am häufigsten Geschimpft wird. Vielleicht findet ihr ein paar Momente, in denen ihr bewusste Ruhepausen einbauen könnt und somit schon ein ganzes Stück gelassener werdet.


Literatur: Schmidt, Nicola: Erziehen ohne Schimpfen, GU Verlag, 2019

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