Sind Benimmregeln Schnee von Gestern?
Manchmal kommt es einem so vor, da man viele Kinder gerade in den Schulen antrifft, denen Umgangsregeln völlig fremd erscheinen. Auch die ältere Generation wettert häufig: "Bei uns hätte es so ein Verhalten nicht gegeben."
Sind in der heutigen Generation Umgangsformen weniger wichtig als sie das früher waren? Sind es verstaubte Regeln, die der Vergangenheit angehören und Kinder sollten stattdessen selbstbestimmt entscheiden, wen sie grüßen und wie sie mit anderen Menschen umgehen?
Das sind spannende Fragen, denn immer häufiger hört man von Lehrern, Großeltern und Ausbildern: "Kinder können sich heute gar nicht mehr benehmen!" Sollten wir also unsere Forderungen einmal gründlich überdenken und zu einem neuen Bild des menschlichen Miteinanders gelangen?
Wohl kaum! Höflichkeit und Wertschätzung anderen Menschen gegenüber ist auch heute noch ein Zeichen für eine gute Kinderstube. Eltern, denen der höfliche und respektvolle Umgang mit Mitmenschen wichtig ist, legen großen Wert darauf, dass Kindern sich benehmen können.
Jemandem mit Achtung zu begegnen, indem man Bitte oder Danke sagt, öffnet so manche Türen und Herzen und kann einen im Leben weiterbringen. Und sind wir mal ehrlich! Wer will nicht höflich und wertschätzend behandelt werden? Machen wir nicht alle schneller die emotionalen Pforten dicht, wenn uns jemand unhöflich begegnet? Freundliches und wertschätzendes Verhalten kann Brücken bauen und uns dem Gegenüber näherbringen.
Doch wann und wie lege ich den Grundstock für diese Umgangsformen?
Sobald ein Kind anfängt Dinge einzufordern, bringen wir ihm auch bei, um etwas zu bitten.
Zuerst im ganz Kleinen. Dazu nutzen wir die Techniken der Demonstration und Nachahmung, die ganz natürlich in uns Menschen hineingelegt ist. Das funktioniert auch, wenn sich Kinder noch nicht verbal ausdrücken können. Man kann als Mutter oder Vater beispielsweise die Worte "Bitte, Bitte!" sagen und begleitend dazu in die Hände klatschen, um diese Bitte zu symbolisieren.
Natürlich kann das Kind dies nicht sofort. Kinder lernen durch Nachahmen. Indem wir unseren Kindern diese Umgangsformen vorleben, übernehmen sie sie automatisch.
Fordert ein Kind am Frühstückstisch "Butter!", so reagieren wir mit "Ich möchte bitte die Butter!" oder "Kannst du mir bitte die Butter geben?". In der Regel formulieren die Kinder ihre Forderungen immer häufiger um und lernen so einen höflichen Umgang miteinander.
Genauso verhält es sich mit dem Danken. Wenn wir auch als Eltern miteinander respektvoll und wertschätzend umgehen, lernt das Kind durch unser Vorleben den richtigen Umgangston kennen. Natürlich müssen wir sie immer wieder daran erinnern. Aber leben wir es ihnen tagtäglich vor, so wird es irgendwann in Fleisch und Blut übergehen, wie das tägliche Zähneputzen.
Kleinkinder im Alter ab etwa 12 Monate lieben auch "Bitte- Danke- Spiele". Sie geben uns etwas in die Hand und wir begleiten dieses Prozedere mit den Worten "Danke", wenn wir es bekommen und "Bitte, wenn der Gegenstand zurückgegeben wird.
Andere Menschen freundlich Grüßen
Menschen freundlich Grüßen gehört ebenso zu Umgangsformen, wie das Bitten und Danken.
Für Kinder ist das oft eine große Hürde, denn es zeugt von einem gewissen Vertrauen und Selbstbewusstsein auf andere Menschen zuzugehen. Daher ist es schwierig, vor fremden Personen die Kinder zum Grüßen aufzufordern, da sie es als unangenehm empfinden vorgeführt zu werden. Häufig verweigern Kinder dann erst recht das Grüßen und sagen gar nichts mehr. Viel mehr erreicht man, indem man vor dem Zusammentreffen zum Kind sagt: "Komm wir begrüßen die Nachbarn!" oder "Du kannst Herrn Schnacke auch Hallo sagen." Auch nach einem Zusammentreffen kann man das Kind noch einmal darauf ansprechen und ihm sagen "Beim nächsten Mal sagst du auch Hallo. Das kannst du jetzt schon." Etwa ab vier Jahren können unsere Kinder alleine andere Menschen begrüßen, wenn es regelmäßig eingeübt wurde. Dennoch muss man sie immer mal wieder daran erinnern.
Schritt für Schritt lernen Kinder mit diesen Umgangsformen einen Weg in die Selbstständigkeit. Denn kann sich unser Kind höflich und wertschätzend verhalten, können wir sicher sein, dass es seinen Weg gehen wird. Gleichzeitig trägt es dazu bei, dass unser Alltag ein bisschen mitmenschlicher, freundlicher und sonniger wird.
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