Wie sehr haben wir alle in den letzten Wochen dem Frühling entgegengefiebert! Gerade die vielen stürmischen Tage, haben in den Gemütern von Kindern und uns Eltern Spuren hinterlassen. Den sonst so angenehmen Ausgleich im Wald haben wir vermieden und stattdessen viel Zeit im Haus verbracht.
Das hat natürlich nicht unbedingt zur Entspannung aller beigetragen, sondern viel mehr Konfliktpotential inne gehabt. Gerade die Trotz- und Wutanfälle lassen beim stürmischen Wetter nur selten auf sich warten und fordern zusätzlich Energie und Nerven.
Je mehr wir Zeit im Haus verbringen mussten, umso mehr hat es mich angespornt das Chaos halbwegs im Griff zu behalten. Ich habe meinen Tag perfekt organisiert.
Als dann endlich alles wieder schön und ordentlich war, alle Aufgaben und Verspflichtungen erledigt waren, kamen die Kinder und das Ganze begann von vorne. Das ist der tägliche Tanz, den man tanzt und doch ist mir irgendwann bewusst geworden, wie wenig man bewusste Momente zulässt. Wie schnell man in einem Hamsterrad ist und kaum mehr wahrnimmt, was man selbst benötigt.
Am Abend habe ich mich manchmal so erschöpft gefühlt, als hätte der Wind alle Energie mit sich genommen. In solch einem Moment kamen in mir die Wünsche hoch, einmal auszusteigen aus dem Alltagstrott...
Einfach einmal etwas mit Ruhe zu machen, einmal etwas übersehen, einmal auf dem Boden mit dem Baby herumtollen, es lächeln und glucksen zu hören, innige Momente fühlen.
Aber warum warten wir eigentlich darauf? Können nicht viele Tage so aussehen? "Nein", sagt meine innere Stimme sofort, "es ist einfach so viel zu tun." Und trotzdem habe ich beschlossen, einen Tag nach meinen Wünschen umzusetzten und zwar mit all den Bedingungen die der Alltag mir sonst auch stellt. Nur eben ruhiger, bewusster...
Ganz bewusst habe ich mir morgens in Ruhe Zeit genommen, die Kinder fertig zu machen, ausgiebig zu frühstücken und all die Verpflichtungen anzupacken, die auf mich warteten.
Dabei hatte ich eine ausgiebige Zeit mit unserem jüngsten Kind und zu meinem Erstaunen, habe ich nur minimal weniger Aufgaben in Ruhe geschafft, die ich sonst im Sauseschritt erledige. Und doch ist heute etwas ganz anders. Ich bin zufrieden, ausgeglichen und richtig glücklich.
Da gab es den kleinen Moment im Schaukelstuhl mit einer Tasse Tee und meinem Tagebuch, die 10 Minuten im Bad, bei dem mein Töchterchen und ich uns entspannt eingecremt haben oder den Augenblick sich einfach einmal zusammenzukuscheln.
Viel besser gelang es mir heute dem Gematsche der Kinder beim Essen entgegenzutreten und umso gelasserner war auch die Abholsituation im Kindergarten.
Vor einigen Tagen hatte mir meine Mutter einen link zu Zitaten der Verhaltensforscherin Jane Goodall geschickt:
WENN ICH MEIN LEBEN NOCHMALS ANDERS LEBEN KÖNNTE
Ich wäre im Bett geblieben, als ich krank war, anstatt zu glauben, dass die Welt ohne mich zusammenbrechen würde, wenn ich nicht an diesem Tag zur Arbeit gehe.
Ich hätte weniger gesagt und mehr gehört.
Ich hätte Freunde zum Abendessen eingeladen, auch wenn mein Teppich einige unbedeutende Flecken hatte oder die Farbe der Couch verblasst war.
Ich hätte Popcorn im ′′ guten ′′ Raum gegessen und mir viel weniger Sorgen um den Dreck gemacht, wenn jemand den Kamin anzünden wollte.
Ich hätte bei den Geschichten, die mein Vater über seine Jugend erzählt hat, genauer hingehört.
Ich hätte die „mehr“ Verantwortung mit meinem Mann geteilt.
Ich würde niemals darauf bestehen, dass die Autofenster an einem Sommertag geschlossen werden, weil meine Haare gut liegen.
Ich hätte vor dem Fernsehen weniger gelacht und geweint, als ich das Leben beobachtete.
Ich hätte mich auf das Gras gesetzt, auch wenn meine Kleidung davon Flecken bekommen hätte.
Ich hätte nie etwas gekauft, nur weil es praktisch war.
Anstatt mir zu wünschen, dass bald die neun Monate der Schwangerschaft vergehen würden, hätte ich jeden Moment geschätzt und verstanden, dass das Wunder, das in mir wuchs, meine einzige Chance im Leben war, Gott dabei zu helfen, ein Wunder zu vollbringen.
Wenn meine Kinder mich küssen würden, würde ich nie sagen: ′′ Jetzt nicht. Geh dir erst einmal die Hände zum Abendessen waschen ".
Es gäbe mehr: ′′ Ich liebe dich ". Mehr ′′ Sorry“.
Aber mehr als alles andere, wenn ich nochmals eine andere Chance hätte, würde ich jede Minute nutzen, um meinem Leben wirklich Aufmerksamkeit zu schenken, intensiver zu leben.
Hör auf, dich um unbedeutende Dinge zu sorgen. Schenke niemanden, der dich nicht mag, deine Aufmerksamkeit.
Fühle und schätze stattdessen die Beziehungen, die du mit denen hast, die dir und deiner Seele gut tun.
Jane Goodall
Diese Zeilen haben mich nachdenklich gestimmt.
Es ist schön zu lesen und doch frage ich mich, ob es nicht viel wichtiger ist, sich diese Dinge mitten im Leben bewusst zu machen und zu ändern.
Sich einmal die Frage zu stellen: Was würde man anders machen, wenn man sein Leben noch einmal leben könnte, kann so manchen Dauerlauf beenden. Einmal die Perspektive wechseln und sich überlegen, wer will ich sein, wenn ich alt bin und auf was möchte ich zurückblicken, lässt einen den Tag ganz anders durchleben. Viele Dinge würden so nichtig und andere so wichtig.
Wie schnell wachsen die Kinder und gehen ihren eigenen Weg. Wie wenig Gewicht würde da ein Wutanfall wiegen? Wie schnell wird auch das Baby zum Kleinkind und ist weniger verschmust?
Für mich waren diese Gedanken von Jane Goodall ein schöner Anlass wieder mit Liebe auf das Leben zu schauen und mit Freude jeden Tag besonders zu gestalten. Vor allem aber wieder Momente zu schaffen, in denen ich meinen Kindern ins Gesicht sehe, mit ihnen ohne Hetze plaudere oder einfach zusammen zu lache.
Denn was wäre, wenn man am Lebensabend in seinem Lehnstuhl sitzt, hinaus auf einen glitzernden See blickt und sich sagt: "Ich habe genau so gelebt, wie ich es wollte!"
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