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  • AutorenbildMaren

Die fast perfekte Familienwelt- Der Perfektionswahn unter Eltern

Kaum ein Ereignis ist so einschneidend wie die Geburt des ersten Kindes. Damit beginnt ein Abenteuer mit Gefühlen einer bandbreite die man sich nie zuvor erträumen konnte. Wie oft gibt es Momente puren Glücks? Das Gefühl zu schweben und der glücklichste Mensch auf der Welt zu sein, weil man plötzlich das Wertvollste auf der Welt in den Armen halten darf. Das erste Lächeln und die kleinsten Fortschritte fühlen sich an wie die größten Erfolge, die wir selbst hart erarbeiten mussten.



Und dann gibt es diese Momente, wo die Welt schier viele endlose Stunden parat hat, in denen einfach alles aus dem Ruder zu laufen scheint, das Schreien kein Ende nehmen will oder man das Gefühl hat völlig zu versagen.



Vor ein paar Tagen hatte ich ein langes Telefonat mit einer Freundin. Wir hatten in den letzten Tagen einfach nur so hin und her getextet und Bilder unserer Ausflüge mit den Kleinen geschickt. Wie man es eben so alltäglich macht. Wir erzählten uns unseren Alltag und all die vielen Momente, in denen man manchmal einfach weglaufen wöllte, weil nichts zur Beruhigung der Kleinen beiträgt. Nach einer Weile erzählte sie mir dann von ihrem schlechten Gewissen, weil sie immer das Gefühl hat, wir unternehmen so viel und unsere Kinder sind dauernd gut drauf. Natürlich ist dem nicht so und wir können in fast ähnlichem Wortlaut das Gleiche von unseren Sprösslingen erzählen. Kein Tag gleicht dem anderen. Manchmal beginnt es sehr harmonisch und plötzlich schlägt die Stimmung um. An anderen Tagen beginnt es schon knietschig und wird bis zum Abend kein bisschen besser. Wahrscheinlich können alle Eltern haargenau das Gleiche erzählen und kennen jene Situationen zur Genüge. Dennoch fällt mir immer häufiger auf, wie schnell wir uns verunsichern lassen und glauben nur unsere Kinder haben Tage an denen sie schräg drauf sind.

Warum ist das so?

Seit dem Einzug der Smartphones und damit den modernen Messengerapps wie Whatsapp, Facebook, Twitter & Co haben wir mit Familie, Freunden und Bekannten einen häufigen Austausch und Einblick in deren Lebenswelt.


Wir schicken uns kurze Nachrichten, süße Bilder und posten die schönsten Momente mit unseren Liebsten. Noch nie war das Kontakthalten zu Mitmenschen so einfach. Doch genau hier ist auch der Haken. Welche Bilder und Momente senden wir denn? Sind es die der schreienden Kinder, die uns schier den letzten Nerv rauben? Wohl kaum. Wir senden die strahlenden Kinderaugen beim schleckern eines Eises unter Palmen, beim Toben mit Freunden oder beim Tretbootfahren. Eben einfach die Bilder, die aussehen wie aus dem Bilderbuch. Sehnsüchtig warten wir auf einen anerkennenden Kommentar des Gegenübers und freuen uns, wenn andere beeindruckt von unseren tollen Erlebnissen sind. Das ist menschlich und völlig normal. Dennoch vermitteln wir nach Außen die Welt der Bilderbuchfamilie, bei der einfach alles perfekt läuft.

Jedes Mal, wenn man diese tollen Bilder der anderen sieht, von seinem Smartphone aufblickt und das Chaos um einen herum wahrnimmt, könnte man in größte Wut geraten oder fühlt sich einfach nur als Versager, dem es nicht gelingt seine Kinder in den Griff zu bekommen.

Wir alle werden durch die sozialen Medien manchmal ganz schön von der Realität weggebracht und uns wird immer und überall gezeigt wie genial und perfekt die Welt ist. Was oft im Hintergrund passiert, um all die perfekten Bilder zu erzeugen fragt sich dabei kein Mensch.

Es gibt sie nicht, die perfekte Welt. Wir alle schwimmen im gleichen Boot. Und es gibt bei uns allen Tage in denen wir noch so klar, einfühlsam und liebevoll mit unseren Kindern sind und trotzdem die Stimmung nicht zu ändern ist. Wie oft passiert ganz im Verborgenen ein neuer Entwicklungschritt und wir spüren nur die Auswirkungen, die es auf unser Kind hat, weil es sich zerrissen zwischen neuen geistigen Welten und der geborgenen alten Welt fühlt. Wie oft begreifen wir erst Wochen später, nachdem uns die Veränderungen augenscheinlich geworden sind, was da wohl in unserem Kind vor sich gegangen sein muss.



Es lohnt sich, ab und zu den Blick nach innen zu führen. Weg von den perfekt inszenierten, um Anerkennung suchenden Bildern, auf das eigene Wohl zu richten. Was tut uns jetzt gut? Ist es ein echtes und ehrliches Gespräch mit Freunden, ein Ausflug bei dem man einfach einmal aus dem Alltag ausbricht oder eine intensive Kuschelzeit, die die Familie wieder näher bringt? Und sich ab und zu einmal klar zu machen, dass es wohl keine Familie auf dieser Welt gibt, der es gelingt jeden Tag den harmonischen Familienalltag zu inszenieren, macht manche Situation erträglicher. Meist spürt man auch in Gesprächen mit Freunden eine tiefe Erleichterung, wenn sie merken, dass es allen genauso geht. Wir alle müssen durch schwierige Phasen durch...aber manchmal wird es leichter, wenn man auch die nicht so perfekten Momente miteinander besprechen kann.


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